Sharpe Ratio

Wir sehen uns an, wie der Sharpe-Index definiert ist und wie man ihn optimal zur Bewertung eines Investmentportfolios einsetzt

Samstag, 2 April 2022

Sharpe Ratio

Was ist der Sharpe-Index?

Der Sharpe-Index oder Sharpe Ratio wurde vom Nobelpreisträger William F. Sharpe entwickelt und hilft Investor:innen, die Rendite einer Anlage im Verhältnis zu ihrem Risiko zu verstehen. Die Kennzahl misst die durchschnittliche Überrendite gegenüber dem risikofreien Zinssatz pro Einheit Volatilität bzw. Gesamtrisiko. Volatilität ist ein Maß für die Preisschwankungen eines Assets oder Portfolios.

Wie wird die Sharpe Ratio berechnet?

Sie wird wie folgt ermittelt:

  • Ziehen Sie den risikofreien Zinssatz von der Portfoliorendite ab. Als risikofreier Satz kann etwa die Rendite einer US-Staatsanleihe – z. B. mit ein- oder zweijähriger Laufzeit – dienen.
  • Teilen Sie das Ergebnis durch die Standardabweichung der Portfolioüberrendite. Die Standardabweichung zeigt, wie stark die Portfoliorendite vom erwarteten Wert abweicht und liefert damit Hinweise auf die Volatilität des Portfolios.

$Sharpe Ratio = \frac{R_p-R_f}{\sigma_p}$

Dabei gilt:

  • $R_p$ steht für die Portfoliorendite.
  • $R_f$ ist der risikofreie Zinssatz.
  • $\sigma_p$ ist die Standardabweichung des Portfolios.

Was kann der Sharpe-Index aussagen?

Das Abziehen des risikofreien Zinssatzes von der durchschnittlichen Rendite ermöglicht es Investor:innen, die Erträge, die mit Risikoanlagen verbunden sind, besser herauszuarbeiten. Der risikofreie Zinssatz ist die Rendite einer Anlage ohne Risiko – also der Ertrag, den Anleger:innen erwarten könnten, ohne überhaupt Risiko einzugehen. Beispielsweise eignet sich die Rendite einer US-Staatsanleihe als risikofreier Referenzwert.

Die Sharpe Ratio gehört zu den am weitesten verbreiteten Methoden, um risikobereinigte Renditen zu berechnen. Die moderne Portfoliotheorie (MPT) besagt, dass das Hinzufügen von Assets mit niedriger Korrelation zu einem diversifizierten Portfolio das Risiko senken kann, ohne die Rendite zu beeinträchtigen. Eine größere Diversifikation sollte die Sharpe Ratio im Vergleich zu ähnlich strukturierten Portfolios mit geringerer Diversifikation erhöhen. Damit dies zutrifft, müssen Investor:innen allerdings die Annahme akzeptieren, dass Risiko gleichbedeutend mit Volatilität ist – eine nicht unvernünftige, aber für bestimmte Anlagen möglicherweise zu enge Definition.

Die Sharpe Ratio kann verwendet werden, um die vergangene Performance eines Portfolios (ex post) zu bewerten, wobei reale Renditen in die Formel einfließen. Alternativ können Investor:innen erwartete Renditen und einen erwarteten risikofreien Zinssatz einsetzen, um eine prognostizierte Sharpe Ratio (ex ante) zu berechnen.

Die Kennzahl hilft zudem einzuschätzen, ob eine überdurchschnittliche Rendite eines Portfolios auf kluge Investmententscheidungen oder auf übermäßiges Risiko zurückzuführen ist. Ein Portfolio oder Fonds kann zwar höhere Renditen als seine Vergleichsgruppe erzielen – eine gute Anlage ist es aber nur, wenn diese Mehrerträge nicht mit unverhältnismäßig hohem Risiko einhergehen.

Je höher die Sharpe Ratio eines Portfolios, desto besser ist seine risikoadjustierte Performance. Ergibt die Analyse eine negative Sharpe Ratio, bedeutet dies, dass der risikofreie Zinssatz höher ist als die Portfoliorendite oder dass die Portfoliorendite voraussichtlich negativ ausfällt. In beiden Fällen liefert eine negative Sharpe Ratio keine sinnvolle Aussage.

Beispiel für die Anwendung der Sharpe Ratio

Die Sharpe Ratio wird häufig genutzt, um zu vergleichen, wie sich das Risiko-Rendite-Profil verändert, wenn ein neues Asset oder eine neue Assetklasse in ein Portfolio aufgenommen wird.

Angenommen, ein:e Investor:in überlegt, seinem/ihrem bestehenden Portfolio – bislang zwischen Aktien und Anleihen aufgeteilt – eine Hedgefonds-Allokation hinzuzufügen. Das Portfolio hat im vergangenen Jahr 15 % Rendite erzielt. Der aktuelle risikofreie Zinssatz liegt bei 3,5 %, und die Volatilität der Portfoliorenditen betrug 12 %. Damit beträgt die Sharpe Ratio 95,8 %, also (15 % - 3,5 %) geteilt durch 12 %.

Die investierende Person geht davon aus, dass die Aufnahme des Hedgefonds die erwartete Rendite im kommenden Jahr auf 11 % senken wird, erwartet zugleich aber, dass die Portfoliovolatilität auf 7 % zurückgeht. Sie unterstellt, dass der risikofreie Zinssatz im nächsten Jahr unverändert bleibt.

Mit den geschätzten zukünftigen Werten ergibt sich eine erwartete Sharpe Ratio von 107 %, also (11 % - 3,5 %) geteilt durch 7 %.

Damit wird deutlich: Obwohl die Hedgefonds-Investition die absolute Rendite senkt, verbessert sie das risikobereinigte Ergebnis. Würde die Aufnahme des neuen Investments die Sharpe Ratio hingegen verringern, sollte es nicht ins Portfolio aufgenommen werden. Das Beispiel setzt voraus, dass sich die auf vergangenen Daten basierende Sharpe Ratio sinnvoll mit der erwarteten zukünftigen Performance vergleichen lässt.

Grenzen der Sharpe Ratio

Die Sharpe Ratio verwendet im Nenner die Standardabweichung der Renditen als Näherung für das Gesamtrisiko des Portfolios und geht damit implizit davon aus, dass Renditen normalverteilt sind. Eine Normalverteilung ähnelt dem Werfen zweier Würfel: Wir wissen, dass bei vielen Würfen am häufigsten die Summe sieben auftritt, während zwei und zwölf am seltensten erscheinen.

In den Finanzmärkten weichen Renditen jedoch aufgrund zahlreicher überraschender Kursstürze oder -sprünge von der Mitte ab. Zudem unterstellt die Standardabweichung, dass Kursbewegungen in beide Richtungen gleichermaßen riskant sind.

Die Sharpe Ratio kann von Portfoliomanager:innen manipuliert werden, die ihre Historie vermeintlich risikobereinigter Renditen aufhübschen möchten. Das gelingt etwa, indem das Messintervall verlängert wird – dadurch sinkt die geschätzte Volatilität. So ist die annualisierte Standardabweichung täglicher Renditen in der Regel höher als jene wöchentlicher Renditen, die wiederum über der monatlicher Renditen liegt.

Auch die Wahl eines Analysezeitraums mit dem bestmöglichen Sharpe-Wert statt eines neutralen Betrachtungszeitraums ist eine Möglichkeit, Daten zugunsten besserer risikobereinigter Renditen zu „selektieren".

Was gilt als gute Sharpe Ratio?

Sharpe Ratios über 1,0 gelten im Allgemeinen als „gut", weil sie darauf hindeuten, dass das Portfolio eine Rendite liefert, die seine Volatilität übersteigt. Investor:innen vergleichen jedoch häufig die Sharpe Ratio eines Portfolios mit der seiner Peers. Ein Portfolio mit 1,0 könnte also als unzureichend gelten, wenn die Konkurrenz derselben Vergleichsgruppe im Schnitt darüber liegt.

Wichtigste Erkenntnisse

  • Die Sharpe Ratio passt die vergangene oder erwartete zukünftige Performance eines Portfolios um das zusätzliche Risiko an, das Investor:innen eingehen.
  • Eine hohe Sharpe Ratio ist positiv, insbesondere im Vergleich zu ähnlichen Portfolios oder Fonds mit niedrigeren Werten.
  • Die Kennzahl hat Schwächen – etwa die Annahme, dass Renditen normalverteilt sind.

Originalquelle dieses Artikels: www.investopedia.com